Bakterien und die Bestimmung von Keimzahlen im Wasser
Wie wichtig Umweltschutz und die Erhaltung von sauberem Wasser ist, soll unser Umweltschutzprojekt am Dachstein (2995m) zeigen. Das Problem der sachgemässen Reinigung wollten wir am Beispiel der Simonyhütte aufzeigen, da der Dachstein, der ja aus Kalkstein besteht, Wasser ungefiltert ins Tal gelangen lässt.
Abwässer sind immer mit einer hohen Bakterienzahl belastet. Vor allem häusliche Abwässer, wie bei der Simonyhütte, beinhalten viele organische Substanzen, Waschmittel, aber auch Krankheitserreger.
Ein Problem der Abwasserzufuhr in Oberflächengewässer ist die Eutrophierung (=Überdüngung eines Gewässers). Grosse Mengen organischer Substanzen im Abwasser bewirken ein starkes Bakterienwachstum und damit eine rapide Sauerstoffzehrung, was zum 'Ersticken des Wassers' führt (->Fischsterben).
Ein weiteres Problem stellt sich bei den hygienischen Anforderungen an Trinkwasser. Trinkwasser darf nicht Ursache von Erkrankungen durch infektiöse (Bakterien, Viren) chemische (z.B.:Gifte) oder physikalische (z.B. radioaktive Substanzen) Schadstoffe sein.
Die Bakterienzahl darf 100 Keime/ml Wasser bei 22°C Bebrütungstemperatur (laut ÖNORM) nicht übersteigen.
Fäkalindikatorkeime (Escherichia Coli u. verwandte Enterobakterien = Coliforme, Enterokokken und Pseudomonas aeruginosa) dürfen in 100ml Wasser nicht nachweisbar sein. Enterobakterien sind oft Anzeiger von Verunreinigungen durch Fäkalien, da diese Keime normalerweise nur im Darminhalt von Warmblütern vorkommen. Es besteht die Möglichkeit, daß auch fäkal übertragbareKrankheitserreger (wie Typhus, Ruhr- oder Pesterreger) in diesem Wasser vorkommen. Weiters bilden alle Enterobakterien Endotoxine.
Clostridien (Tetanuserreger) dürfen in 20ml nicht nachweisbar sein.
Im Laufe unserer Untersuchungen im Bereich der Simonyhütte haben wir 4 verschiedene Wasserproben entnommen:
1. Flußwasser aus der Traun:
Der Fluß entspringt im Toten Gebirge, fließt dann vom Hallstättersee in den Traunsee und mündet letztendlich in die Donau.
2. Leitungswasser aus der Kaserne am Oberfeld
3. nicht aufbereitetes Trinkwasser von der Simonyhütte
4. Abwasser von der Simonyhütte
Es wurden keimfreie Probefläschchen verwendet, um die Testergebnisse nicht zu verfälschen.Im Labor haben wir mit Hilfe eines Nährmediums Bakterienkulturen gezüchtet. Als unspezifisches Nährsubstrat erwies sich der Nähragar, Trypticase-Soy-Agar, als günstig. Nähragar ist ein komplexes Nährmedium, das das Polysaccharid Agarose (1,5-2%) enthält. Die Agarose wird durch Bakterien nicht abgebaut. Ein Nährmedium muß organische Energiequellen (H2-Donatoren) und H2-Akzeptoren enthalten, sowie Kohlenstoff- und Stickstoffquellen. Außerdem sind bestimmte Mineralien und als Aktivatoren von Enzymen wichtige Spurenelemente notwendig.
40g des Trockenmediums wurden in 1l Aqua dest. zum Quellen einige Zeit stehen gelassen und im Dampftopf bei 100°C vollständig gelöst. Nun wurde der Nähragar im Certoklav bei 121°C 15min. lang sterilisiert. Um eine geeignete Ausgießtemperatur zu erreichen, wurde das Medium im Wasserbad auf 50°C temperiert.
Mittels Gußplattenverfahren kann man aerobe saprophytische Keime nachweisen. Saprophyten sind heterotrophe Bakterien, die sich von totem organischen Material ernähren. Sie sind meist hochspezialisiert, zersetzen nur bestimmte, in ihrer Gesamtheit aber alle organ. Verbindungen und überführen sie wieder in niedermolekulare Formen. Beim Gußplattenverfahren wird Probewasser in sterile Petrischalen (9cm Durchmesser) pipettiert und anschließend mit extra 10ml temperiertem Nähragar übergossen. Die Schale wird sofort in Form eines Achters auf der Tischoberfläche bewegt, damit sich das Nährmedium gut auf dem Probenwasser vermischt.
Nach Erstarren des Agars wurden die Platten umgedreht (Deckel nach unten), sodaß sich das entstehende Kondenswasseran der Deckelinnenseite sammeln konnte und nicht auf der Agraroberfläche. Anschließend wurden die Platten 48 Stunden bei 22°C bebrütet. Nach ca. einer halben Stunde erstarrt der Agar. Bei 20°C inkubieren die gefüllten Petrischalen 48 Stunden lang im Brutkasten.
Die Bakterienzellen entwickeln sich während der Inkubationszeit zu sichtbaren Kolonien. Diese Kolonien können dann ausgezählt werden und man erhält so die sogenannte Keimzahl, da jede Kolonie einer Bakterienzelle in der verwendeten Probenmenge entspricht.
Bakterien vermehren sich durch Querteilung. Ihre Zahl (N) wächst exponentiell an. Als Generationszeit (g) bezeichnet man die Zeit, die für einen Vermehrungszyklus notwendig ist. Doch diese Generationszeit variiert unter den verschiedenen Bakterienarten. Anaerobe Bakterien wachsen im Vergleich zu aeroben langsamer. Weiters ist die Generationszeit auch vom Nährstoffmedium abhängig.
Bestimmt man zu verschiedenen Zeiten die Zahlen der Bakterien, erhält man nach Eintragung der Ergebnisse eine Wachstumskurve der Bakterien. Die Lagphase ist charakterisiert durch die Zunahme von Bakterienmasse pro Volumseinheit. Während dieser Phase paßt sich der Stoffwechsel an die Bedingung des Nährmediums an. In der exponentiellen Phase nimmt die Zellzahl bis zu ungefähr 1.000.000.000/ml exponentiell zu. In der stationären Phase kommt es zur Verlangsamung des Wachstums durch die Erschöpfung der Nährstoffe und Anhäufung toxischer Stoffwechselprodukte.
Die Generationszeit (g) kann nur während der exponentiellen Phase bestimmt werden. Dies geschieht entweder graphisch oder durch 2 Messungen der Zellzahl (N) zu verschiedenen Zeiten (t) mit Hilfe folgender Formel:
g = (t2 - t1) / (log2N2 - log2N1)
Neben der einfachen Bestimmung der Keimzahl wie wir sie durchgeführt haben, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Bakterienfamilien zu selektieren oder sogar Artbestimmungen durchzuführen. Dazu bedarf es allerdings eines mikrobiologischen Labors samt technischer Ausrüstung. Verwendet man sogenannte Selektiermedien, die bestimmte Hemmstoffe enthalten, welche nur das Wachstum bestimmter Bakterien zulassen, so kann man die zu untersuchenden Bakterien bereits in Gruppen bzw. Familien gliedern.
Zur Identifizierung einzelner Bakterienarten verwendet man anschließend die sog. API 10S Mikromethode. Ein Teststreifen besteht aus 20 Mikroröhrchen, in denen sich verschiedene Substrate in dehydrierter Form befinden. Die Röhrchen werden mit der zu untersuchenden Bakteriensuspension beimpft, welche die Substrate löst.
Die biochemischen Reaktionen können anhand von Farbumschlägen abgelesen werden, die entweder spontan wähtend der Inkubation, od. nach Zugabe von Reagenzien entstehen. Die Ablesung dieser Reaktionen erfolgt mit Hilfe der Ablesetabelle, zur Identifizierung verwendet man den analytischen Profilindex od. die APILAB - Diskette.