GRG3 Schulorganisation
Schulprofil   

Unsere pädagogischen Ziele

Was wollen wir überhaupt? - Das ist die Frage, um die es geht in unseren Gesprächen, in unseren Auseinandersetzungen, in unseren heftigen Auseinandersetzungen. Und immer mehr werden es, immer mehr LehrerInnen und SchülerInnen, die sich einbringen, sich, d.h. ihr Erleben, ihre Wünsche, ihre Sorgen, aber auch ihre Visionen. (Wo sonst, wenn nicht in der Schule, wird ,man noch träumen dürfen!) Rezepte haben wir keine anzubieten, sondern eben diese Auseinandersetzung, dieses geistige Ringen. Darum geht es auch in den folgenden Punkten. Manchem von uns sind sie zu vorsichtig formuliert, anderen schon etwas zu gewagt. Einig sind wir uns darin, dass das die Fragen sind, die Anliegen, die uns bewegen. Und in der Schule, so meinen wir, da muss sich etwas bewegen!
Nicht Veränderungen sind gemeint, die geschehen, damit eben etwas geschieht: Sondern wir sehen prinzipiell in der Schule einen Lernprozess, der erst dann sinnvoll wird, wenn sich auch die Lehrenden als Lernende erleben.

In der Öffentlichkeit wird diskutiert, ob in der Schule der Akzent stärker auf Wissensvermittlung oder, angesichts der vielen zerstörten Familien, auf Erziehungsarbeit gesetzt werden soll. Unsere Gespräche bewegen sich in die Richtung, Wissensvermittlung und Erziehung als Einheit zu sehen. Denn die Art, wie Wissen vermittelt bzw. angeeignet wird, ist mitentscheidend dafür, ob der junge Mensch zu sich selber findet, ob es ihm gelingt, die eigene Person zu entfalten. Der Wissenserwerb ist Teil des Erwachsen-Werdens. Das heißt aber für uns Lehrende, dass wir uns immer wieder zu fragen haben, ob unsere Art der Wissensvermittlung das Erwachsen-Werden fördert, also den jungen Menschen dabei unterstützt, Selbstständigkeit zu erlangen, Urteilsvermögen und innere Unabhängigkeit.

Wir werden in bestimmten Bereichen und Fächern (vor allem in den Fremdsprachen) nicht ohne Auswendiglernen, das Nachsagen von Vorgesagtem und der Wiedergabe vorgegebener Lösungen auskommen. Das ist solange kein Problem, als diese Tätigkeiten auf ihren Platz verwiesen werden und zugleich klar wird, dass Schule viel mehr ist, nämlich die Förderung von Neugierde, die Anregung zum Fragen-Stellen, das Erwecken eines Problembewusstseins und das Bemühen, eigene Lösungswege zu erarbeiten.

All das kann sich nur in einer entspannten Schulsituation ereignen: Wenn sich LehrerInnen und SchülerInnen wohlfühlen (d.h. wenn sie die Probleme im zwischenmenschlichen Bereich formulieren und aufarbeiten dürfen), erst dann werden wir Leistungen erbringen, und erst dann werden auch die jungen Menschen das Gefühl und das Bewusstsein der eigenen, unverwechselbaren Person entwickeln können. Wir wehren uns entschieden gegen die Gleichsetzung von Wohlfühlen und Nichtstun, wir sehen vielmehr zwischen Wohlfühlen und dem Erbringen von Leistungen eine fruchtbare Wechselwirkung.

Leistung meint hier keineswegs nur das, was irgendwie Teil der Beurteilung wird, sondern übersteigt das bestehende Notensystem bei weitem und geht hinein in den zwischenmenschlichen Bereich, in die Fähigkeit, Beziehungen und Bindungen einzugehen und einer Gemeinschaft anzugehören.

Kommunikative Ängste können die Ich-Entfaltung nicht nur erheblich erschweren, sondern sogar blockieren. Der Abbau solcher Ängste muss unser Ziel sein, wobei die Schule nicht überfordert werden darf. Ein Großteil dieser Ängste entstammt einem Lebensbereich der SchülerInnen, der dem Zugriff der Erziehenden in der Schule entzogen ist. Hier heißt es wohl im kleinen anfangen, immer mehr Sensibilität dafür zu entwickeln, wie das Kind, der Jugendliche fühlen, wie sie das erleben, was wir Lehrende tun oder sagen. Der beste Weg, Ängste abzubauen, besteht aber im Aufbau eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses. Darin sehen wir auch die Chance, dass SchülerInnen von uns Impulse aufnehmen, sich darauf einlassen, auch wenn sie sich anfangs nicht damit identifizieren können. Viel wird dabei auch davon abhängen, wieweit wir LehrerInnen selbst gelernt haben oder lernen, mit unseren eigenen Ängsten umzugehen.

Genauso wie Impulse zu geben, sehen wir es auch als Aufgabe der Lehrenden, Grenzen zu ziehen. Die Einigung darauf fiel uns nicht schwer, die Schwierigkeiten beginnen mit der Frage, wie und wo Grenzen gezogen werden sollen. Wieder haben und wollen wir keine Rezepte, meinen aber, dass wir unserer Verantwortung nur gerecht werden, wenn wir die Begründung der Grenzen, die wir setzen, immer wieder kritisch hinterfragen, dabei die Souveränität der Kinder und Jugendlichen respektieren und uns bewusst machen, dass für das Erwachsen-Werden ebenso wichtig wie das Erleben von Grenzen das Anrennen gegen diese Grenzen ist.

Im Wesentlichen sind wir uns einig, dass Belohnung und Strafe keine Erziehungsmittel sind, weil der Wunsch nach Belohnung und die Angst vor Strafe nicht das Sachinteresse und schon gar nicht die Selbstständigkeit fördern. Leidvoll müssen wir aber zugeben, dass wir uns infolge der bestehenden Rahmenbedingungen, von gesetzlichen Regelungen bis hin zu räumlichen Gegebenheiten, und der anerzogenen Erwartungshaltung der Kinder (und oft auch der Eltern!) viel zu oft gezwungen fühlen, zu belohnen, zu drohen und Maßnahmen zu setzen, die viele von uns im Sinne der Erziehungsarbeit als ungeeignet erleben, wenn nicht überhaupt als kontraproduktiv. Bleibt die dringende Forderung, die eigenen Motive in jedem Fall gewissenhaft zu hinterfragen.

Eine große Versuchung für Erziehende ist, sich als Sachverwalter der kindlichen Interessen zu fühlen. Deshalb weil wir älter sind, mehr erlebt haben, vieles gelernt haben, wissen wir noch nicht, was für das jeweilige Kind gut ist. Das heißt nicht, dass das Kind jederzeit seine wahren Interessen kennt. Wir meinen, dass das Richtige gemeinsam gesucht werden muss. Und dass dabei entscheidend ist, dass in diesem Prozess des Suchens die Kinder selbst so früh wie möglich aufgenommen werden.
Erziehen hat viel zu tun mit Begleiten, mit gegenseitigem Respekt, mit Unterstützen, Verstehen und Ermutigen. Erziehen, das heißt: etwas fördern, was ohnehin geschieht!

In unseren Gesprächen landen wir immer wieder bei der Erkenntnis, dass Erziehen vorrangig Arbeit an der eigenen Person ist. Indem wir für SchülerInnen Grenzen ziehen, ziehen wir uns selbst Grenzen. Indem wir für junge Menschen Wege suchen, suchen wir Wege für uns. Aber das können wir nur, d.h. wir können nur dann unserer Aufgabe gerecht werden, wenn wir freie Räume zur Entfaltung haben. Diese Freiräume zu fordern als Voraussetzung unserer jeweiligen Lehrerpersönlichkeit, ist unsere Pflicht. Auch der Behörde gegenüber. Auch dem Gesetzgeber gegenüber.

Und dem Schulleiter gegenüber. Unabhängig von der ihm vom Schul-System zugeteilten Aufgabe muss der Schulleiter seine Rolle in der Schule immer wieder von neuem legitimieren. Unsere Arbeit wird er nur fördern, wenn er sich verantwortungsvoll mit der Tätigkeit und den Problemen des Erziehenden auseinandersetzt. Dazu scheint uns die Beschäftigung mit der erziehungswissenschaftlichen Forschung unerlässlich zu sein. Und die Bereitschaft, in aller Bescheidenheit das eigene Tun immer wieder in Frage zu stellen und Fehler zuerst bei sich zu suchen.
Wir wollen es ebenso halten.

(Auszug aus dem Schulprofil des GRG3)